Pressespiegel

Wo sind seine Werke ausgestellt? Welche Zeitung berichtet über den Künstler? Der Pressespiegel bis 2022 ist Ergebnis unserer Forschungsarbeit. Bis auf die Veranstaltungen zum 125. Geburtstag 2019 in Biesdorf und im Mitte-Museum sind alle anderen Reflexionen durch unser aktives Zutun entstanden. Insbesondere die Reportage Exakt - Die Story: Der Maler Otto Nagel oder wem gehört die Kunst  vom MDR wäre ohne unsere Forschungsergebnisse nie produziert worden. Die Ausstellung AdK „SPURENSICHERUNG. Die Geschichte(n) hinter den Werken“  bezieht sich ausdrücklich auf unsere Forschung. Zentral sind hier der Artikel "Otto Nagel. Der Künstler - und sein Vermächtnis" - siehe Artikel zum Forschungsprojekt erschienen - die o.g. Reportage sowie viele persönliche Gespräche zwischen AdK und der Enkelin. Für die Otto-Nagel-Ausstellung in Eberswalde  - siehe  Der Künstler Otto Nagel ist zurück - gab die Reportage ebenso den entscheidenden Impuls.

Magdeburg/Eberswalde. 21.10.23. Das Museum Eberswalde ist um eine Attraktion reicher. Denn seit dem 20. Oktober dieses Jahres können Werke des Berliner Künstlers Otto Nagel besichtigt werden. Die Dauerausstellung ist zunächst für zwei Jahre angedacht. Zu sehen sind etwa 15 großformatige Ölbilder aus verschiedenen Schaffensphasen des Künstlers. Die Auswahl ist sehr gelungen. Auch wie die Bilder in der Ausstellung präsentiert werden, spricht an. Stadtmotive, Blumenstilleben und einige Porträts schmücken die Wände. 

Der temporären Dauerausstellung ging eine andere Ausstellung des Künstlers Otto Nagel im letzten Jahr voraus. Angeregt durch deren Erfolg, beschloss man in Zusammenarbeit mit der Akademie der Künste eine weitere Schau. Die letzte sahen etwa 3.500 Besucher. Selbiges wünschen sich die Macher der aktuellen Schau auch.

Allerdings wirken die Bilder aus der Zeit gefallen, weil jeglicher Zeitbezug aufgehoben ist. Der Betrachter erfährt gerade mal wie das Werk heißt. Er kann sich jedoch uneingeschränkt dem Motiv widmen und sich romantisch hinein träumen. Es sind Lieblingsmotive der Kuratorin Dr. Rosa von der Schulenburg. Obwohl sie das Werk Nagels recht gut kennt, erwähnt sie nirgends Hintergründe zu den Bilden.  

Die erste große Frage stellt sich jedoch gleich beim Betreten der Ausstellung. Es hängen dort drei Werke aus dem Zyklus ‚Der neue Mensch‘, den Nagel Anfang der 1950er Jahre in der Frühphase der DDR malte. Es schauen einen fünf Personen an. Sie wirken in sich ruhend, dennoch nachdenklich und ernst. Und sie wirken gleichberechtigt - auf Augenhöhe, so wie Nagel seine Modelle immer porträtierte. Der Landes-Minister Rücker neben der Neulehrerin, dazwischen eine Gruppe Studenten. Nun sollte man allerdings dem Besucher, der Nagel nicht kennt, erzählen, was z.B. eine Neulehrerin ist. In der DDR nahm man die Entnazifizierung deutlich ernster als im anderen Teil Deutschlands. Lehrer, die vor und während der Naziherrschaft im Schuldienst waren, wurden rigoros aus den Schulen verbannt. An die Stelle traten Menschen, die gestern noch in der Fabrik oder auf dem Feld arbeiteten.

Nein, es ist nicht der von der DDR-Kulturpolitik gewünschte sozialistische Realismus, sondern es sind Menschen wie Du und ich. Nagel bezeichnet sie zwar als neue Menschen, die in einer anderen, besseren Zeit leben, als jene die er in den 1920ern malte. Er versagt sich aber ganz klar dem heroischen Menschenbild der DDR-Führung. Wer Nagel ein wenig kennt, weiß, dass er mit dieser Haltung bei der DDR-Führung auf Ablehnung stieß und deshalb sein Amt als Präsident der Akademie der Künste verlor.

Vielleicht sieht der Minister etwas argwöhnisch in die Runde. Denn ihm halb zugewandt zeigen sich z.B. eine Straßenszene in Forst und ein geselliges Beisammensein an einem Küchentisch bei einer Fischerfamilie in Vitt auf Rügen. Ich wurde während des Rundganges durch die Schau gefragt, was es mit diesen beiden Bildern auf sich hat. Ich erklärte, das diese Orte und Unterstützer der Nagels darstellen, wo bzw. bei denen sie während der Flucht vor dem Nazi-Terror unterkamen.

Wie man weiß und wie es auch wissenschaftlich unumstritten ist, sind bei Nagel Motiv, das Kunstwerk an sich und seine biografische Komponente eins. Nagel wollte seine Modelle immer erst richtig kennen lernen, ihre Geschichte hören, ehe er sie malt. Ebenso hält der Künstler persönlich fest, aus welchem Anlass heraus er ein Bild malt.
Das gilt insbesondere für die Motive in Berlin. Als er merkte, dass seine geliebte Stadt während des Krieges bald unter gehen würde, hielt er hauptsächlich in Pastell viele Ecken und Straßen fest.
Gegenüber der Gruppe ‚Der neue Mensch‘ fällt besonders das Portrait auf, welches mit ‚Die traurige Walli‘ betitelt ist. Eins der schönsten und auch eindringlichsten Werke der Ausstellung. Walli ist die Frau des Künstlers. 
Der Betrachter fragt sich nun allerdings, warum sie so traurig ist. Es entstand 1934. Zu dieser Zeit hatte Nagel als überzeugter Antifaschist und Widerstandskämpfer bereits mehrere Verhaftungen hinter sich. Wie man weiß verschlimmerte sich mit Machtantritt der Nazis die Situation für all diejenigen deutlich, die nicht auf Seiten der Nazis standen. Dazu kommen private Schicksalsschläge. Die Archivalien berichten uns, das Walli in dieser Zeit mindestens ein Kind verlor.

Jedoch erfährt der Besucher nichts von alledem. Denn es scheint das Ziel zu sein, Biographie und Kunstwerk von einander zu entkoppeln. Das so etwas nicht funktioniert, zeigt die anhaltend und hitzige Debatte um Emil Nolde.

Lediglich ein großes Banner bringt biographische Daten zur Ansicht. Es ist aber die selbe Biographie, die schon in der letzten Ausstellung zu finden war. Diese enthält eklatante Fehler wie etwa das falsche Geburtsdatum der Nageltochter. Eckhart Gillen, Herausgeber des Kataloges und Kurator der vergangenen Ausstellung, scheute auch keine Mühe, Nagels Zeit im aktiven Widerstand gegen die Nazis und damit verbunden Haft und KZ so zu relativieren, das am Ende ein an das Naziregime angepasste Künstlerperson hervortritt. Eine Spur von Verschwörungsmythos macht sich breit, weil es offensichtlich nicht sein kann, was nicht sein darf.
Dabei ignoriert man ebenso mit großem Eifer z.B. die fundierte und jahrelange Forschung eines Dr. Hans-Rainer Sandvoß. Der einstige stellvertretende Leiter der ‚Gedenkstätte Deutscher Widerstand‘ hat 14 Bände zum Thema  Widerstand in Berlin heraus gebracht. Zudem hat er sich gut 40 Jahre diesem intensiv gewidmet.

Beides zusammen - retuschierte Biographie sowie Kunst und Künstler trennen - entrückt den Künstler Otto Nagel von seinem Kampf für Gerechtigkeit und Freiheit. Der politische Nagel ist in dieser Ausstellung leider nicht zu sehen. Vielmehr sehen wir einen vagabundierenden Künstler, der hier und dort mal ein Bild malt und der keinerlei Schwierigkeiten im Leben zu haben scheint.

bernd schallenberg

 

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